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Eigentlich fristen Nestlé, Roche und Novartis an der Börse ja schon seit Wochen, wenn nicht gar seit Monaten ein Mauerblümchen-Dasein. Rund um die Veröffentlichung der Quartalsumsatzzahlen herum waren die Aktien von Nestlé für weniger als 90 Franken zu haben. Nur im März vor vier Jahren, als die Covid-Pandemie, von der chinesischen Metropole Wuhan aus, ihre unheilvolle Reise um die Welt antrat, wurden noch tiefere Kurse bezahlt. Und auch die Genussscheine von Roche kosteten vor wenigen Tagen mit 213 Franken so wenig wie letztmals im Frühsommer 2018. Besser stehen im langjährigen Vergleich die Aktien von Gegenspielerin Novartis da, sofern man denn die Abspaltung von Alcon und Sandoz aufrechnet.

Doch selbst dieses Mauerblümchen-Dasein weiss nicht zu verhindern, dass die drei Schwergewichte aus dem Swiss Market Index (SMI) ins Zentrum wilder Börsenspekulationen aus Deutschland rücken. Mächtige ausländische Grossinvestoren würden sich aus den Valoren von Nestlé verabschieden und mit dem Verkaufserlös bei jenen von Roche und Novartis einstiegen beziehungsweise Titel zukaufen. Diese Umschichtungen hätten ein Volumen von mehr als 25 Milliarden Franken, wie es weiter heisst.

Die Genussscheine von Roche notieren nur unwesentlich über ihrem Mehrjahrestief (Quelle: www.cash.ch)

Neugierig wie ich bin, habe ich mich ein bisschen am Markt herumgehört. Dabei bin ich auf einen "alten Bekannten" gestossen: Den beliebten deutschen Anlegerbrief, in hiesigen Börsenkreisen auch als "Düsseldorfer" bekannt.

In einem mir zugespielten Kommentar schreiben die Autoren, dass sich in diesem Dreieck Gerüchten zufolge Grössenordnungen von mehr als 25 Milliarden Franken als Summe aller Transaktionen bewegen würden. Die Endzahl sei weiterhin offen.

Im Wissen, dass bei jedem der drei Indexschwergewichte in den letzten Wochen an einigen Tagen für weniger als 200 Millionen Franken Titel die Hand wechselten, erscheinen mir die Spekulationen etwas gar an den Haaren herbeigezogen. Ausserdem müssten die Kurse der Genussscheine von Roche deutlich höher als heute stehen, wären in diese tatsächlich Gelder in besagter Höhe von mehreren Milliarden Franken investiert worden.

Gar abenteuerlich muten auch die Aussagen der Anlegerbriefautoren zu Nestlé an. Obschon - oder gerade weil - Firmenchef Mark Schneider ein Landsmann ist, gehen sie hart ins Gericht mit ihm. Schneider bastle seit vier Jahren aus dem Nahrungsmittel- einen Gesundheitskonzern, um dem Trend hin zu Grün und hin zu seinem Umfeld zu genügen, lese ich da etwa. Und weiter: Das gelinge ihm offenbar nur mühsam oder gar nicht. Klar zu erkennen sei, dass margenstarke Produkte verkauft würden, was die Gesamterträge im Konzernverbund reduziere.

Da muss ich den Autoren entschieden widersprechen. Unter dem jetzigen Firmenchef hat sich Nestlé in den letzten Jahren von margen- und wachstumsschwachen Produktbereichen getrennt und in margen- und wachstumsstarke Produktbereiche expandiert. Somit hat der Nahrungsmittelmulti genau das Gegenteil von dem gemacht, was ihm da nachgesagt wird.

Dass die Börse diesen Transformationsprozess bisher nicht zu würdigen wusste, und das Vorzeigeunternehmen aus Vevey in den besagten Jahren aufgrund des starken Frankens bei der Umsatzentwicklung regelrecht ausgebremst wurde, müsste der Vollständigkeit halber eigentlich auch noch erwähnt werden.

Auch die Aktien von Nestlé fristen ein Mauerblümchen-Dasein (Quelle: www.cash.ch)

Nicht zum ersten Mal fällt der deutsche Anlegerbrief durch abenteuerliche Spekulationen und Behauptungen auf. So schrieben die Autoren erst im Januar davon, dass das "Geschäft mit der Abnehm-Pille" über Zukäufe weiter ausgebaut werde – gegebenenfalls sogar im Geschäft mit biotechnologischen Nachahmerpräparaten, sogenannten "Biosimilars".

Ich begegnete diesen Spekulationen damals mit folgenden Worten:

Ich werde immer wieder gefragt, wieso ich dem Anlegerbrief so viel Platz in meiner Kolumne einräume. Nun, es gibt zwei gute Gründe hierfür: Zum einen erachte ich es ein bisschen als meine Pflicht, Dinge richtig zu stellen. Schliesslich verfügen die Deutschen auch bei uns in der Schweiz über eine ziemlich grosse Abonnentenbasis. Und zum anderen ist da auch immer noch ein gewisser Unterhaltungswert...

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