Mehr als 88 Prozent - 68 von 77 befragten Ökonomen - erwarten dann einen Zinsschritt nach unten, wie die am Donnerstag veröffentlichte Erhebung ergab. Nur zwölf Prozent - neun Ökonomen - gehen davon aus, dass die EZB bis nach dem Juni ihre Füsse still halten wird. Der April als Zeitpunkt für die Zinswende im Euroraum ist dagegen für die Volkswirte vom Tisch. Keiner der Umfrageteilnehmer rechnet mehr damit. Reuters befragte Experten zwischen dem 25. und 28. März zum Zinskurs der Euro-Wächter.

Einen klaren Konsens darüber, wie stark die EZB voraussichtlich in diesem Jahr die Zinsen senken wird, ergab die Umfrage nicht. Nur eine hauchdünne Mehrheit von knapp 51 Prozent - 39 von 77 Experten - rechnet damit, dass die EZB die Zinsen um zusammengenommen 1,0 Prozentpunkte oder mehr herabsetzen wird. Dagegen erwarten 49 Prozent, das sind 38 Teilnehmer, dieses Jahr Zinsschritte nach unten von zusammengenommen 0,75 Prozentpunkte oder weniger. In einer Reuters-Umfrage im Februar waren noch 56 Prozent der Teilnehmer von Zinssenkungen im Gesamtumfang von 1,0 Prozentpunkten oder mehr ausgegangen.

Die EZB hält inzwischen seit September den am Finanzmarkt richtungsweisenden Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, stabil bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Der Leitzins liegt seitdem bei 4,50 Prozent. Allerdings fasst die EZB zunehmend eine Zinssenkung ins Auge. Die Hinweise darauf aus dem Kreis der Währungshüter hatten zuletzt zugenommen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte vergangene Woche auf einer Konferenz in Frankfurt gesagt, im Juni werde die Notenbank wohl ausreichend Sicherheit haben, um über eine erste Zinssenkung zu entscheiden. Wie der Weg nach einer Kurswende gestaltet werden solle, sei offen. 

(Reuters)