Die Kolumne «Gopfried Stutz» erschien zuerst im 

Frank A. Meyer sagte in seiner Kolumne vor Wochenfrist: "Manchmal braucht es den Abstand einer Woche, um zu rekapitulieren – um Klarheit zu schaffen, was geschehen ist."

Ich brauchte zwei Wochen. Wobei ich mich als alter weis(s)er Mann nicht mit der Wutrede der früheren Juso-Präsidentin Tamara Funiciello auseinandersetzen mag. Mich interessieren die wiederholten und unklaren Forderungen: "Jetzt müssten die Renten der Frauen bei der 2. Säule, der beruflichen Vorsorge, verbessert werden."

Wie das? Maya Graf, Grünen-Ständerätin aus Basel-Land, forderte in der "Tagesschau" vom Abstimmungssonntag die Abschaffung des Koordinationsabzugs. Ihr sei zu raten, auf der Strasse einmal zehn Frauen zu fragen, ob sie wissen, was der Koordinationsabzug ist, empfiehlt ihr Urs P. Gasche auf dem Nachrichtenportal "Infosperber". "Neun von zehn Frauen werden es nicht wissen." (Anm. vom Gopfried Stutz: Bei Männern fiele die Trefferquote nicht besser aus.)

Statt von einer Abschaffung des Koordinationsabzugs sollte man laut Gasche von einer "Beseitigung der massiven Diskriminierung der Teilzeitarbeitenden bei den Pensionskassen" reden. So würde klar, um was es geht. Und damit würde auch klar, dass auch teilzeitbeschäftigte Männer gemäss geltendem Vorsorgerecht diskriminiert werden.

Ich habe mehrfach über den Koordinationsabzug geschrieben. Deshalb hier nur kurz: Er beträgt derzeit etwas über 25'000 Franken und wird vom AHV-Lohn in Abzug gebracht. Weil dieser fixe Betrag nicht dem Pensum angepasst wird, werden dadurch Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte bestraft und damit mehrheitlich Frauen.

Abgesehen davon, dass nicht alle linken Frauen den Koordinationsabzug abschaffen wollen, erhalten Frauen auch nach einer Abschaffung im Schnitt tiefere Renten als Männer – sei es, weil sie sich für unterdurchschnittlich bezahlte Berufe entscheiden, weil sie sich öfter mit einer Teilzeitbeschäftigung begnügen, wegen der Mutterschaft oder aus anderen Gründen.

Dies ist dem System der 2. Säule geschuldet, dem Kapitaldeckungsverfahren. Jeder spart für sich. Je höher das über all die Jahre erzielte Einkommen, desto höher die Leistungen im Alter.

Im Schnitt kommen Männer auf eine monatliche Pensionskassenrente von 2913 Franken; Frauen von 1540 Franken. Das sind Zahlen aus dem Jahr 2020. Zudem muss man wissen, dass derzeit noch viele Frauen gar keine Pensionskasse haben: 2,5 Millionen Männer waren 2020 bei einer Pensionskasse versichert. Bei den Frauen waren es 1,9 Millionen.

Also nochmals: Was wollen Frauen des Typs Funiciello genau? Am liebsten möchten sie das Drei-Säulen-System abschaffen und durch ein Versicherungssystem ersetzen.

Volkspension versus Drei-Säulen-System? Diese Frage ist nicht neu. Ziemlich genau vor 50 Jahren hatte das Schweizer Stimmvolk darüber zu befinden: 78,6 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger lehnten das "Volksbegehren für eine wirkliche Volkspension" ab.